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Zum Glück hat er keine Zeit für seine Hobbys
Kultur, 12. Februar 1998

Im halbfertigen Kostüm und mit großen Schritten verschwindet Ruggero Raimondi in seiner Garderobe: Proben zu Verdis „Falstaff“ (Premiere am Sonntag in der Staatsoper) – das bedeutet Knochenarbeit.
Doch ein Opernprofi wie der Italiener steckt das weg – 34 sehr erfolgreiche Bühnenjahre machen’s möglich.
Raimondi (56) gilt nicht nur als der Don Giovanni schlechthin, sondern als der führende Bassist überhaupt.
Jetzt singt er den Falstaff unter der Leitung seines Freundes Claudio Abbado („ein großer Musiker“), mit dem er 1971 in München erstmals zusammenarbeitete. „Hart und herzlich“, wie Raimondi das nennt. „Abbado ist ein Perfektionist, sein Stil ist absolut ungewöhnlich, gleichzeitig entspannend und dramatisch.“

Für den Mann aus Bologna ist „Falstaff“ das erste Engagement in Berlin seit 1991. „Als ich 1965 das erste Mal hier war, um unter Walter Felsensteins Regie an der Komischen Oper zu singen, war alles irgendwie kalt. Die Veränderungen seit dem Mauerfall beeindrukken mich sehr.“
Wenn Raimondi von der Oper abschweift, werden seine vielseitigen Interessen sichtbar: Skifahren, Autos oder Malerei („Meine Bilder zeige ich aber niemandem“). Doch zwischen Scala und Met bleibt kaum Zeit für Hobbys:
„Nach dem Singen ändert sich das.“ Einmal im Jahr selbst Regie führen – das wäre etwas für ihn. „Aber es gibt auch ein Leben außerhalb der Oper!“
Das könnte dann mehr als bisher der Familie gewidmet sein: Seine drei Kinder aus erster Ehe besuchen die Universität; seine jetzige Frau Isabelle, eine Historikerin aus Madrid, begleitet ihn so häufig wie möglich. Wie lange sie verheiratet sind? Einen Augenblick stutzt Raimondi. „Seit dreizehn Jahren.“ Zur Sicherheit schaut er auf einem goldenen Medaillon nach, das er um den Hals trägt: Natürlich hat er sich nicht geirrt.
Und dann bleibt sein Blick an der digitalen Kamera des Z-Fotografen hängen: „Kameras – noch ein Hobby von mir.“
Zum Glück bleibt Raimondi der Musikwelt vorerst als Sänger erhalten – alles andere wäre ein Verlust.
bec


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